THOMAS LARCHER

Thomas Larcher (c) Richard Haughton
Thomas Larcher (c) Richard Haughton

Thomas Larcher – Uraufführungen: „Alle Tage“ – Symphonie für Bariton und Orchester mit Gewandhausorchester, Christoph Eschenbach und Matthias Goerne in Leipzig, 26. Nov. 2015. „Lucid Dreams“ für Streichquartett zum 20. Geburtstag des Belcea Quartet, Dez. 2015. 

Für Thomas Larcher, einen der bedeutendsten österreichischen Komponisten der Gegenwart, stehen in der Saison 2015/16 gleich mehrere große Uraufführungen auf dem Programm: „Alle Tage – Symphonie für Bariton und Orchester“ wird am 26. November vom Gewandhausorchester und Matthias Goerne unter der musikalischen Leitung von Christoph Eschenbach in Leipzig uraufgeführt. Das Belcea Quartett erfüllt sich zum 20. Jubiläum mit einer Auftragskomposition an ihn einen langgehegten Traum. Mit „Lucid Dreams“ für Streichquartett gehen die vier Musiker nach der Uraufführung am 2. Dezember in Grenoble auf Europatournee. Einen fulminanten Abschluss und Höhepunkt der laufenden Saison bildet die Uraufführung seines neuen Konzerts für Orchester durch die Wiener Philharmoniker und Semyon Bychkov im Juni 2016 im Musikverein Wien.

Mit Matthias Goerne verbindet Thomas Larcher eine langjährige fruchtbare Zusammenarbeit. Aus dieser entstand u.a. „Die Nacht der Verlorenen“ (2008) für Bariton und Ensemble (nach Texten von Ingeborg Bachmann) und zuletzt eine CD-Aufnahme mit Liedern von Hanns Eisler (Harmonia Mundi). Mit „Alle Tage“ für Bariton und Orchester setzt er seine Auseinandersetzung mit Ingeborg Bachmann fort: Für diese Sinfonie kombinierte er vier Liedvertonungen mit zwei rein instrumentalen Sätzen für großes Orchester. Wurde der rein orchestrale Werkteil bereits 2011 vom San Francisco Symphony Orchestra unter Osmo Vänskä 2011 uraufgeführt, so waren die vier Bachmann-Lieder für Bariton und Orchester im April dieses Jahres mit dem Radio Filharmonisch Orkest und Jaap van Zweden zu hören. Die Uraufführung der kompletten Fassung findet in Leipzig, die US-Erstaufführung am 1. November 2016 mit dem National Symphony Orchestra und Christoph Eschenbach in Washington statt, jeweils mit Matthias Goerne.

„Beim Komponieren dieser Symphonie ging es darum, ein Gleichgewicht zwischen den Vokal-und den Orchesterabschnitten zu schaffen, darum, den Texten Raum zu geben, damit diese in den Orchesterteilen nachwirken können. Zu einem größeren Ganzen wird das Werk durch seine tonale Struktur und Entwicklung: Auf eine orchestrale Einleitung folgen drei Sätze mit Bariton: ,Anrufung des großen Bären‘, ,Mein Vogel‘ und ,Heimweg‘. Erst danach kommt das Orchester als autonome Kraft in den beiden Sätzen ,Rememberance‘ und ,Storm-War‘ zu Wort. Durch diese wird ein ,Echoraum‘ für die Gedichte geschaffen, gleichzeitig ,befreit‘ sich das Orchester mit enormer Wucht und Intensität. ,Alle Tage‘, das titelgebende Gedicht stammt aus Bachmanns früher entstandenem Zyklus ,Die gestundete Zeit‘. Eindeutig politischer und konkreter als die drei vorangegangenen Gedichte, stellt dieses Gedicht und damit der letzte Satz gleichzeitig das geistige Zentrum dieses Werks als auch seinen Endpunkt dar“, sagt der Komponist über sein Werk.

Eine weitere Deutschland-Premiere findet nur wenige Tage nach der Uraufführung von „Alle Tage“ statt: Nach der Uraufführung in Grenoble am 2. Dezember 2015 nimmt das Belcea Quartet „Lucid Dreams“ für Streichquartett, das Larcher anlässlich des 20. Geburtstags des Quartetts komponierte, mit auf Europatournee. In der Berliner Philharmonie gastiert das Ensemble am 4. Dezember, im Wiener Konzerthaus am 8. und 9. Dezember. „Lucid Dreams“ ist Larchers bisher umfangreichstes Kammermusikwerk. Es stellt eine erneute Auseinandersetzung mit der Gattung Streichquartett an sich, vor allem aber auch mit der „klassischen Form“ und damit auch mit dem Werk Ludwig van Beethovens dar. Innovation und Erneuerung wird hier weniger in experimentellen Spieltechniken und neuen Klängen gesucht, als vielmehr im Fortspinnen und Erforschen der musikalischen Herkunft des Komponisten, die in der Klassik und Romantik liegt. Kammermusik stellt für Larcher seit jeher den Ausgangspunkt und das „Kraftzentrum“ seiner kompositorischen Tätigkeit dar. Für sein kammermusikalisches Gesamtwerk wurde er Anfang dieses Jahres mit dem Elise L. Stoeger Preis der Lincoln Chamber Music Society in New York ausgezeichnet.

Thomas Larcher wirkt heute vorrangig als Komponist und gilt als einer der wichtigsten Vertreter der neuen klassischen Musik Österreichs. Als ausgebildeter und renommierter Pianist hat er sich kompositorisch zunächst mit dem Klavier und Kammermusik auseinandergesetzt, ehe er für größere Klangformationen schrieb. Auftragswerke erhielt er u.a. vom Lucerne Festival, dem Southbank Centre London, der Wigmore Hall London und der BBC. Zudem schreibt er für international renommierte Solisten und Ensembles wie die London Sinfonietta, das Artemis Quartett, Heinrich Schiff, Matthias Goerne, Till Fellner, das RSO Wien, Mark Padmore, Viktoria Mullova und Matthew Barley. Für sein „Konzert für Violine, Violoncello und Orchester“, das 2011 bei den BBC Proms uraufgeführt wurde, bekam er 2012 den British Composer Award in der Kategorie ‚International Award‘. Zudem wurde er mit dem Elise L. Stoeger Prize 2014-2015 ausgezeichnet. Künftige Projekte umfassen u.a. eine Oper für die Bregenzer Festspiele 2018. Thomas Larchers bisheriges Schaffen ist auf dem Label ECM und bei Harmonia Mundi dokumentiert. Seine Aufnahmen wurden mehrfach ausgezeichnet, darunter mit dem Preis der deutschen Schallplattenkritik, einem Choc de la musique und dem Diapason d’or. Thomas Larchers Werke erscheinen bei Schott Music London. www.thomas-larcher.com

VALERIAN
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