MELANIE C.

Sie war das sportliche Gewürz der englischen Mischung namens Spice Girls und die Talentierteste der fünf Mädels – Melanie C. Wer erinnert sich nicht an die fünf frechen Gören aus England, die bei Thomas Gottschalk in Wetten, dass..? für die nötige Würze sorgten. Um die meisten ist es still geworden, zumindest in musikalischer Hinsicht. Nur eine macht seit zehn Jahren auch als Solo-Künstlerin von sich reden. Mit The Sea hat Melanie C. gerade ihr fünftes Soloalbum aufgenommen. Ob sich ihre Musik nach der Girlgroup verändert hat?
Ann Kathrin Bronner: Melanie, Ihr Lieblingsfilm ist Toy Story.
Melanie C.:(lacht) Nun ja, ich fürchte, im Moment bekomme ich nicht viele der etwas anspruchsvolleren Filme zu sehen, die ins Kino kommen. Die meiste Zeit schaue ich mir Filme mit meiner kleinen Tochter Scarlett an – und einer unserer Lieblingsfilme ist Toy Story, das stimmt.

AKB:Welches wäre Ihre Rolle?

MC:Oh mein Gott, ich wäre natürlich Jessie das Cowgirl.

AKB:Können Sie denn jodeln?

MC:(lacht) Ich habe noch nie gejodelt, aber ich sollte es versuchen. Ich brauche jemanden, der mir Unterricht gibt. Das könnte eine schöne Herausforderung für mich sein.

AKB:Würden Sie auch einer Zeichentrickfigur Ihre Stimme leihen?

MC:Liebend gerne. Man hat ja immer Wünsche und Träume, und das ist einer meiner Träume: Die Stimme einer Zeichentrickfigur zu sein.

AKB:Wären Sie eher das niedliche Mädchen oder das toughe Girl?

MC:Ich weiß nicht. Aber wahrscheinlich kennen mich die Menschen als sportlich und denken deshalb, dass ich ein toughes Mädchen bin. Aber ich würde nicht sagen, dass ich tough bin, sondern eher stark. Und daher würde es mir natürlich Spaß machen, eine toughe Rolle zu spielen. Aber, hey, wenn Disney Pixar anrufen und sagen würde: „Hallo Mel, wir hätten dich gerne als Stimme von Tinkerbells Feen-Freundinnen“, würde ich nicht nein sagen!

AKB:Ist die toughe Sporty Spice. also eine Rolle, die Sie spielen mussten?

MG: Nein, überhaupt nicht. Wir Mädels waren alle wir selbst. Deshalb waren wir ja so unterschiedlich. Ich glaube, wie wir in den Medien dargestellt wurden, spiegelte eher die eigene Wahrnehmung der Medien wider. Wir selbst hatten nicht den Gedanken, dass wir uns so verhalten mussten. Wir waren einfach nur wir selbst. Und ich wollte all das schon als Kind machen, habe meine Leidenschaft für Tanzen und Sport schon früh ausgelebt. Ich denke, dass mich das bereits als Kind geformt hat und ich deshalb diese Karriere gemacht habe.

AKB:Haben Sie als Kind eine musikalische Ausbildung erhalten?

MC:Ich war im College für Darstellende Kunst, war aber in der Tanzklasse. Ich habe also viel Ballett und Jazztanz gemacht. Leider spiele ich kein Instrument und habe nur rudimentäre Kenntnisse in Musiktheorie. Mit 8 Jahren hatte ich begonnen, Gitarre zu lernen, aber ich wollte immer lieber tanzen und mich bewegen. Ich kann zwar ein paar Akkorde spielen, aber ich bedauere heute, dass ich nicht weiter Gitarrenunterricht genommen habe. Deshalb möchte ich auch meine kleine Tochter dafür begeistern, Klavier oder Gitarre zu lernen.

AKB: Gibt es denn in Großbritannien auch musikalische Früherziehung?

MC:Wir wohnen in London, da gibt es alles. Kurse für Babys und Krabbelkinder, bei denen Musik mit viel Spaß und Vergnügen gepaart ist. Es geht also viel um Sozialisierung und Spaß haben.

AKB:Aber geht es darum bei Musik nicht ohnehin?

MC:Das stimmt! Musik bringt Menschen zusammen, ist eine universale Sprache. Musik können wir genießen, egal, welche Sprache Sie sprechen. Und ich denke, dass Musik ein ganz wichtiger Teil unseres Lebens ist, nicht wahr? Der Soundtrack unseres Lebens.

AKB:Unbedingt. Sie begleitet uns von der Geburt bis zum Ende. Sie können ja sogar wählen, welche Musik Sie bei Ihrer Beerdigung hören wollen. Nun ja, Sie hören sie dann nicht mehr, aber die anderen … Ihre Mutter ist Rocksängerin. Ich gehe davon aus, dass Sie als Kind ständig von Musik umgeben waren.

MC:Absolut. Meine Mutter ist Sängerin, mein Stiefvater Bassist. Es ist lustig: Ich probe manchmal zu Hause. Vor kurzem waren meine zwei Gitarristen da, wir haben gespielt und gesungen – und Scarlet lief die ganze Zeit um uns herum. Genau so war es bei mir als Kind auch. Es waren immer Musiker da, die im Wohnzimmer probten. Bis ich von zuhause auszog, war das ganz normal für mich. Und es ist lustig, dass das Leben meiner Tochter nun dasselbe ist.

AKB:Ich habe den Eindruck, dass Ihr neues Album etwas rockiger ist, zum Beispiel der Song Rock Me, der bei den Fußball-Weltmeisterschaften der Damen für das ZDF offizieller WM-Song war. Ist das Album ein Tributalbum für Ihre Mutter?

MC:Nun, ich denke schon, dass meine Mutter meinen Musikgeschmack beeinflusst hat. Als ich klein war, war die erste Musik, die ich gehört habe, ihre Alben. Es war Rock, aber auch viel Soul und Motown. Natürlich habe ich auch die Beatles gehört, da ich ja auch aus Liverpool komme. Ich nehme an, dass sie mich hinsichtlich meiner Liebe zu Musik und zu vielen Genres definitiv beeinflusst hat. Aber ich würde nicht sagen, dass es eine bestimmte Inspirationsquelle für das Album gab. Ich liebe es einfach, Musik zu machen und mich in vielen verschiedenen Arten auszudrücken. Natürlich hört man den Rock-Einfluss. Aber auch Dance-Einflüsse und auch ruhigere, akustische Momente finden sich auf dem Album, atmosphärische Songs. Wahrscheinlich ist es stellenweise elektronischer als alles, was ich bisher gemacht habe. Ich würde also sagen, dass es ziemlich gemischt ist. Es ist ein Pop-Album, aber mit vielen Einflüssen.

AKB:Es gibt eine Cover-Version von Lass es Liebe sein von Rosenstolz. Wie ist der Prozentsatz Ihrer eigenen Titel?

MC:Bis auf einen Song war ich bei allen anderen Teil des Songwritings. Es sind also alles Kooperationen. Wie erwähnt, spiele ich leider kein Instrument, also arbeite ich gerne mit großartigen Gitarristen, Pianisten und so weiter zusammen. Und die Songs kommen alle aus meinem Herzen.

AKB:Wir würden Sie selbst denn Ihre Entwicklung von Album Nr. 1 zu Album Nr. 5 beschreiben?

MC:Ich glaube, jedes Album drückt wirklich das aus, was in meinem Leben zu dieser Zeit los war, zumindest die Texte. Und auch stilistisch, vermute ich. Mein erstes Album, das war ein Moment von Freiheit. Es war so toll, verschiedene Musikstile zu entdecken und eine Einzelperson zu sein. Es war je meine erste Solo-Veröffentlichung nach den Spice Girls. Bei meinem zweiten Album habe ich ebenfalls noch vieles ausprobiert. Erst beim dritten habe ich mich etwas mehr festgelegt und wollte in Richtung Rock gehen. Das nächste Album wollte ich dann – ich vermute als Reaktion auf Beautiful Intentions – etwas zurückgenommener. Mehr Singer-Songwriter, schöne Melodien, mehr Balladen. Ich hatte einfach zu viel Rock gemacht und wollte das Tempo etwas herunterschrauben.

AKB:Und die Hörer lieben Ihre Balladen.

MC:Ja, aber ich singe Balladen auch sehr gern. Aber ich hatte auch eine lange Pause zwischen dem letzten Album und The Sea. Und ich war ganz aufgeregt, wieder Dinge zu entdecken und mich ins Abenteuer zu stürzen, neue Partner kennenzulernen. Ich spiele mit verschiedenen Stilen, und für mich ist The Sea wahrscheinlich ähnlicher zu meinem ersten als zu dem letzten Album. Denn es gibt so viele verschiedene Elemente, wenn nicht sogar verschiedene Stile.

AKB:Versuchen Sie, den Zeitgeist widerzuspiegeln? Oder möchten Sie etwas komplett anderes machen?

MC:Ich versuche, das zu tun, was meiner Meinung nach für mich das Beste ist. Es gibt so viele neue Künstler, und es gibt immer einen Sound, der gerade in Mode ist. In England haben wir im Moment mit all den amerikanischen Pop-Acts einen sehr technolastigen Sound in der Popmusik. Ich meine, mir gefällt vieles davon, zum Beispiel Rihanna. Aber ich glaube nicht, dass das für mich persönlich das Richtige wäre. Ich möchte natürlich, dass meine Musik frisch und modern und sehr nach heute klingt. Aber ich denke nicht, dass dieser sehr junge Popsound das Passende für mich und für meine Stimme wäre. Ich habe eine reifere Popstimme. Und es geht doch darum, dass man als Künstler ehrlich mit sich selbst ist. Ich übernehme natürlich Elemente und beobachte, was in der Musik passiert, aber ich bin kein Sklave davon.

AKB:Um Ihre Persönlichkeit zu zeigen, sollten die Songs sie ja auch unterstreichen.

MC:Genau. Und man kann nicht wirklich vorgeben, etwas zu sein, was man nicht ist.

AKB:Was ist das Geheimnis für Ihren Erfolg gerade hier in Deutschland?

MC:Mir wurde häufig gesagt, dass mich das deutsche Publikum mag, weil ich ehrlich bin und eine gute Performerin bin. Ich sage: Weil die Deutschen einen so guten Geschmack haben (lacht).

DISKOGRAPHIE (Auswahl)
The Sea (ab 02.09. im Handel)
2011 Warner
EAN 5052498789221

Beautiful Intentions
2005 Warner
EAN 5051011053726

Reason
2003 EMI
EAN 0724358240528

INFORMATIONEN
www.melaniec.net

TOP-TEN 16.September
JOSS STONE